Die DSLR wird zur Lochkamera

von Nico

Wer braucht schon teure Objektive mit optisch vergütetem Glas und Witterungsdichtigkeit? Die günstige Alternative ist die Methode „Lochkamera“. Bei der Fotochallenge ging es heute genau darum.

Die eigentliche Idee dahinter war die Öffnung der Kamera (Bajonett) mit Klebeband abzukleben und ein kleines Loch ins Klebeband zu pieksen um eine Lochkamera zu fabrizieren.

Mir persönlich war das Risiko verklebter Kontakte zu hoch, also habe ich den Ingenieur in mir geweckt und eine Stufe dazwischen geschalten: Zuerst habe ich den Umkehrring ins Bajonett geschraubt und dann meine Lochkamera als Vorsatz darauf gelegt.

Mit dem Zirkel habe ich den Durchmesser der Öffnung auf Karton übertragen und dann mittig die Lochöffnung durchgepiekst.

Das Ganze habe ich in fünf Versionen gemacht immer mit jeweils größerem Loch um den Einfluss der Lochgröße auf das belichtete Bild zu veranschaulichen:
Je kleiner das Loch ist, desto weniger Licht tritt hindurch. Allerdings wird das Bild auch schärfer. Mit zunehmendem Lochdurchmesser wird das erhaltene Bild unschärfer aber auch heller.
Auch der Abstand des Motivs vom Loch hat Einfluss auf die Schärfe: Je weiter weg das Objekt ist, desto schärfer erscheint es.

Geometrie einer Lochkamera. Quelle: Wikimedia. Lizenz: CC BY-SA 3.0. Autor: Anton
\frac{D}{g} = \frac{S}{g+b} \Rightarrow S = D\cdot\frac{g+b}{g}

S ist dabei die Größe des „Zerstreuungskreises“. Auch die theoretische, effektive Lichtstärke Leff der Lochkamera lässt sich berechnen, als Funktion der geometrischen Größen:

L_{eff} = \frac{D}{b}

Überprüfen wir die Gültigkeit der Formel über den Zerstreuungskreis an meinen heutigen Fotos: Der Abstand zum Objekt ist immer konstant, so auch der Abstand zwischen Loch und Bildsensor. Die einzige Variable zwischen den Aufnahmen ist der Durchmesser der Lochöffnung.

Abgesehen von der Größe der Lochöffnung haben alle Aufnahmen die gleichen Rahmendaten: ISO 100 und 120s Belichtungszeit. Zudem habe ich alle Bilder mit meiner Canon EOS 6D Mark II belichtet.

In der folgenden Tabelle ordne ich den Größenbezeichnungen aus der Diashow die Lochdurchmesser, die effektive Lichtstärke und den Durchmesser der Zerstreuungskreise zu:

GrößeLochdurchmesser Deff. Lichtstärke LeffZerstreuungskreisdurchmesser S
00.2mm0.0040.0002m (36px)
10.5mm0.0100.0005m (89px)
20.7mm0.0130.0007m (125px)
31mm0.0190.0010m (178px)
43mm0.0580.0030m (535px)
Nach obigen Formeln bei einer Bildweite von b = 52mm und einer Gegenstandsweite g von etwa 450m (Dom Freising bis Korbinianbrücke).

In der obigen Tabelle habe ich die Werte mal für meine Konstruktion durchgerechnet. Es handelt sich hierbei nicht um Präzisionsarbeit, da es mir mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln nicht möglich ist so kleine Längen wie die Lochdurchmesser verlässlich zu messen. Die Größen 0 mit 2 basieren auf Schätzungen unterhalb der Millimeterskala meines Lineals.

Dennoch veranschaulicht die Tabelle den Einfluss der Lochgröße auf das Ergebnis sehr deutlich. Die Größenordnung der effektiven Lichtstärke ist meiner Meinung nicht mit den üblichen Angaben bei Optiken vergleichbar. Die Zunahme der Lichtstärke fällt durch die helleren Bildergebnisse aber schon auf.

Grafische Darstellung der Lichtstärke für b=52mm
Grafische Darstellung des Zerstreuungskreisdurchmessers für g=450m, b=52mm

Die Zunahme der Unschärfe, die sich durch eine Vergrößerung des Zerstreuungskreises ausdrückt, kann aus der Versuchsreihe ebenfalls nachvollzogen werden. Die metrischen Werte in obiger Tabelle habe ich anhand der Pixelgröße (Abmessung des Sensors in mm geteilt durch die Anzahl der Pixel; für die Canon EOS 6D Mark II ist dies 35,8mm zu 6240 Pixel) in Pixelwerte umgerechnet, da diese etwas greifbarer sind: Während man im Bild mit Größe 0 schon erahnen kann was fotografiert worden ist, so wird es bei Größe 4 nahezu unmöglich das Motiv zu erkennen. Die Formen sind quasi in Bokeh aufgelöst worden.

Fazit

Das durch die Formeln beschriebene Modell konnte durch einen Praxisversuch bestätigt werden. Je größer die Öffnung einer Lochkamera ist, desto unschärfer und gleichzeitig heller wird ein Motiv abgebildet. Außerdem lässt sich festhalten, dass mit einer Lochkamera nur durch exaktes Berechnen der Gegenstandsweite g und Bildweite b ein scharfes Bild erzeugt werden kann. Die Verwendung eines berechneten Objektivs auf Linsenbasis erscheint hier deutlich pragmatischer. 😄

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